Hochsensibilität und Urlaub

Hochsensibilität und Urlaub

Urlaub als HSP – für mich jedes Jahr eine Herausforderung!

Einerseits fahre ich ja ganz gerne in den Urlaub, andererseits bin ich am allerliebsten zu Hause. Unsere Wohnung entspricht exakt meinem „Wohlfühlkorridor“, dort ist alles so wie ich es haben will oder wenigstens so, wie es für mich ok ist.

Das Schöne am Urlaub ist für mich, Neues kennenzulernen: Wir sind große Dänemarkfans und finden auch Wales und England toll, ebenso wie wir das Tessin lieben und gerne in den Schwarzwald fahren.

Das Üble am Urlaub ist für mich, Abschied von der eigenen freundlichen „Höhle“ zu nehmen, alles zusammenzupacken, auf keinen Fall mein Kopfkissen zu vergessen (weil ich ohne mein Kopfkissen gar nicht schlafen kann) und nicht zu wissen, sondern nur zu ahnen, wo wir landen werden. Ich plage mich mit Fragen, ob ich in dem Bett gut werde schlafen können, ob ich mich im Bad wohlfühlen kann und ob es leise genug ist, ob ich auf dem Sofa gemütlich lesen kann und ob die Esstischstühle ausreichend bequem sind, um einen Spieleabend zu veranstalten.

Sämtliche Befürchtungen speisen sich natürlich aus den negativen Erfahrungen der vergangenen Jahre. Wir hatten schon Betten, die zum Boden durchhingen, verschimmelte Bäder, widerliche Sofas, stinkende Teppiche, verdreckte Klobürsten, offene Elektrik, harte Holzstühle, Bundesstraßen direkt vor der Türe, unzureichende Küchenausstattung und und und.

In den Ferienhäusern haben wir schon allerhand erlebt, bis dahin, dass wir nach der ersten Besichtigung storniert und ein neues Haus verlangt haben. Von diesem Urlaub in Dänemark an der Nordseeküste in der Nähe von Ringköbing sprechen wir nur noch vom „Urlaub im Horrorhaus“. Trotzdem mussten wir vier Nächte in diesem Milbenpfuhl bleiben, was einfach grauenhaft war. Mich schüttelt es jetzt noch, wenn ich daran denke. Es ist immer unwägbar, wie das Ferienhaus sein wird.

Zwei Wochen vor unseren Urlauben macht mein Mann mich feinfühlig darauf aufmerksam, dass es in zwei Wochen losgeht, damit ich mich langsam an den Gedanken gewöhnen kann. Ich bin dann in Gedanken mehr und mehr in der Ferne und überlege, wie der Urlaub wohl werden wird und was ich alles einpacken will und vor allem, was bis dahin noch alles erledigt und abgehakt werden muss.

Wir schreiben eine Urlaubs-Liste, die wir zu dritt teilen und jeder erhält Aufgaben, die er erledigen muss. Dafür nutzen wir Wunderlist, eine echt nette App, die jedoch nun nicht mehr weiterentwickelt werden wird (das ist aber ein anderes Thema). So haben wir alle das Gefühl, dass wir gemeinsam an einem Strang in Richtung Urlaub ziehen.

Packen – oh nein – packen kann ich nicht leiden, obwohl ich mittlerweile echt schnell bin. Nur mein Kopf denkt „Pack noch dieses ein!“, während ich gerade dabei bin jenes zu packen. Das bedeutet, bei mir nimmt Multitasking überhand, was zu einer Instabilisierung führt. Ich brauche, um effizient zu sein, immer Fokussierung. Immer. Also auch hierfür noch eine Liste schreiben, damit ich alles der Reihe nach abhaken kann. Zwischendurch denke ich an die Sachen, die andere brauchen könnten und gebe „Anweisungen“ an meinen Mann oder Sohn, damit die noch jenes einpacken oder herbringen. Die beiden denken selbstverständlich auch selbst nach, so dass dieser Teil des Urlaubs ständig Abstimmung verlangt, wer jetzt wofür und wofür genau zuständig ist. Sehr stressig! Zumal man ja eh aus der Arbeit kommt und urlaubsreif ist. Hier ist also ein sehr großes Potential für Streitereien und Genervtheit. Allein schon dieser Teil des Urlaubs, wenn man noch nicht mal weggefahren ist, stellt für mich ein Graus dar, den ich lieber nicht erleben möchte…

Irgendwann ist der Caddy bis unters Dach vollgepackt und es schaut aus als würden wir umziehen. Dann geht es auf die Autobahn hinein in den Stau, denn mit schulpflichtigem Kind ist man immer mit vielen anderen Menschen gemeinsam Richtung Urlaub unterwegs. Fliegen kommt für uns nur in Ausnahmefällen in Frage, da wir einerseits einen Hund haben, der immer mitkommen soll und andererseits mich haben, die nicht gerne fliegt. Der Umstand des Fliegens bedeutet, dass ich mich auf einen Koffer beschränken müsste, sowie in einem kleinen Sitz mit körperlichen Ausdünstungen anderer Menschen und dem Druckausgleich klar kommen muss. Wenn es sich vermeiden lässt, fahren wir also lieber mit dem Auto. Vor allem wegen des Hundes. Klar oder? 😉

Wenn wir alle Staus überstanden haben, kommen wir schließlich in unserem Feriendomizil an. Wir entscheiden uns vor allem wegen der Unabhängigkeit und der Ruhe für Ferienhäuser, gerne in Dänemark, da dort die Häuser einigermaßen preiswert sind und die Grundstücke so groß, dass der Nachbar weit genug weg ist. Im Urlaub wollen wir keine weiteren Menschen um uns haben, obwohl mein Mann und ich andere Menschen wirklich mögen und auch insgesamt gesellig sind (bin ein extrovertierter HSP), im Urlaub wollen wir mal nur uns haben. Nun kommt der Teil, wo wir ins Bibbern kommen: stimmt alles mit dem Haus, ist es sauber und ordentlich, sind die Betten so, dass man erholsamen Schlaf findet und stinkt es nicht… Das alles und noch viel mehr wird von uns detektivisch gecheckt und dann hoffentlich für gut befunden.

Da wir in dieser Hinsicht recht pingelig und wählerisch sind, fahren wir tatsächlich öfter in das gleiche Haus. Das ist für uns eine gute Lösung, da wir so zwar einerseits Urlaub woanders machen können, andererseits eine gewisse Vertrautheit haben und nicht von bösen Überraschungen gefordert werden.

Sind wir gut angekommen und ist alles paletti, dann gewöhne ich mich langsam an meine „Zwischendurchhöhle“ und richte mich so ein, dass mir nichts fehlt und alles gut passt. Dann erkunden wir meistens die Gegend, sehen was noch so ist wie immer und was sich verändert hat und kommen langsam in die Ruhe. Nach zwei bis drei Tagen, kehrt dann die Ruhe auch in unsere Seelen ein und wir beginnen, die alltäglichen Gedanken hinter uns und die Seele baumeln zu lassen. Jetzt kann ich langsam die Zeit und meine Familie genießen. Um ausreichend Erholung zu finden, schlafen wir meistens sehr lange – da gäbe es in Hotels schon längst kein Frühstück mehr, dann frühstücken wir gerne ausführlich und gehen den Tag sehr langsam und ruhig an. Meistens wechseln die Tage zwischen Unternehmungen/Ausflügen und sogenannten „Schlumpftagen“ im Haus ab.

Unsere Ausflüge führen uns regelmäßig in die Natur und nur selten auch mal zum shoppen. Wir schauen uns am liebsten Parks, Tiergärten, das Meer und die Küsten an, wandern am Strand entlang und erkunden verborgene Buchten, Burgen oder auch mal ein Städtchen. Wir lieben Picknicks im Grünen und das Sitzen auf Bänken um ausgiebig ein „Loch in die Luft“ zu schauen. So vergeht die Zeit mit und in der Natur. Ich brauche unterwegs keine Bücher sondern fröne meinem Hobby, der Fotografie und bin auf der Jagd nach einem ästhetischen Motiv.

Nach ausgiebiger Erholung sind das Packen und die Heimreise für mich nicht so stressig, da ich weiß, was ich alles einpacke und auch nichts mehr zu erledigen ist. Ich freue mich in der Regel auf zu Hause und stehe die lange Autofahrt ganz gut durch.

Durch meinen Austausch mit anderen HSP weiß ich, dass viele sehr neugierig sind und auch gerne fremde Kulturen und Länder kennenlernen. Ich selbst bleibe gerne in Nordeuropa und fahre am liebsten dorthin, wo ich weiß, dass ich mich dort schon einmal wohl gefühlt habe. Heiße Länder sind für mich nichts, da ich es gerne etwas kühler habe, wenn wir Spaziergänge und kleinere Wanderungen unternehmen. Außerdem fliege ich – wie gesagt – nicht gerne.

Ein Familientraum ist es, einmal nach Kanada zu fliegen – vielleicht schaffen wir das eines Tages mal. Dieses Land, die Stille und Weite und die wunderschöne Natur locken sogar mich über den Atlantik und ich wäre auch bereit in einen Flieger zu steigen…..

Ich wünsche Ihnen und Euch einen wunderschönen Urlaub und gute Erholung:

bleiben Sie ruhig und gelassen schreiben Sie Listenstimmen Sie sich gut abladen Sie ein langes Hörspiel aufs Handydenken Sie an das Powerpack und das Ladekabel für die Fahrtstimmen Sie sich in die Vorfreude auf den Urlaub erhoffen Sie für die Unterkunft das Beste.

Positiv in die Zukunft schauen und sich auf die erholsame (Familien-) Zeit freuen, das ist es, was uns antreibt, die Anlaufzeit zu „überstehen“.

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